Die Energiewende nimmt 2025 weiter Fahrt auf - mit einer längst überfälligen Reform der Netzentgeltsystematik. Die historisch gewachsene Regulierung des Stromnetzes war bisher nicht auf die Herausforderungen der Energietransformation ausgerichtet. Nun folgen gleich zwei wegweisende Neuerungen: Seit Januar sind Energieversorger gesetzlich verpflichtet, ihren Kunden dynamische Stromtarife anzubieten. Im April startet der nächste wichtige Schritt mit der Einführung variabler Netzentgelte. Besitzt du eine PV-Anlage, Wärmepumpe, Batteriespeicher oder ein E-Auto? Dann ist diese Entwicklung besonders interessant für dich. In diesem Artikel erfährst du, wie du durch geschickte Nutzung der neuen Tarifsysteme deine jährlichen Energiekosten um mehrere hundert Euro senken kannst und welche Voraussetzungen du dafür erfüllen musst.
Inhaltsverzeichnis
Was sind variable Netzentgelte bzw. dynamische Netzentgelte?
Welche Vorteile bieten variable Netzentgelte für dich?
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit ich von variablen Netzentgelten profitieren kann?
Wie beantrage ich variable Netzentgelte?
💡Was sind variable Netzentgelte bzw. dynamische Netzentgelte?
Beginnen wir damit, was Netzentgelt überhaupt bedeutet. Netzentgelte sind ein wichtiger Bestandteil deiner Stromkosten. Sie werden als Gebühren erhoben, die für die Nutzung der Stromnetzinfrastruktur anfallen – also für den Transport und die Verteilung des Stroms bis zu dir nach Hause. Man kann sie mit einer Autobahnmaut vergleichen: Genau wie die Maut den Ausbau und die Instandhaltung der Straße finanziert, sorgen Netzentgelte dafür, dass das Stromnetz betrieben und instand gehalten werden kann. Die Einnahmen fließen dabei an die Netzbetreiber. Traditionell sind Netzentgelte festgelegt und ändern sich nicht im Tagesverlauf. Sie machen etwa 22 bis 28 Prozent deines Strompreises aus. Bei jährlichen Stromkosten von 1.100 Euro entfallen somit etwa 242 bis 308 Euro allein auf die Netzentgelte. Zudem können diese je nach Region in Deutschland stark variieren. Variable oder dynamische Netzentgelte hingegen sind ein neues Modell in Deutschland, das mehr Flexibilität und Anreize zur Verschiebung des Stromverbrauchs schafft. Ab April 2025 werden die variablen Netzentgelte in drei Tarifstufen unterteilt, die an feste Zeitfenster gebunden sind: den Standardtarif, den Niedriglasttarif (NT) und den Hochlasttarif (HT).
- Niedriglasttarif (NT): Dieser ist am günstigsten und gilt zu Zeiten, in denen die Nachfrage gering ist.
- Hochlasttarif (HT): Dieser ist teurer und kommt zu Zeiten hoher Stromnachfrage zum Einsatz
- Standardtarif: Dieser liegt preislich zwischen den beiden und wird in den übrigen Zeiten angewandt
⚠️ Durch diese Staffelung sollen Verbraucher animiert werden, ihren Stromverbrauch möglichst in günstigere Zeitfenster zu verlagern. Die Tabelle zeigt, dass es notwendig ist, sich vorher genau zu informieren. Manche Verteilnetzbetreiber bieten nur kurze Zeitfenster mit Niedriglasttariefen an.
💡 Welche Vorteile bieten variable Netzentgelte für dich?
Ab April 2025 werden dynamische Netzentgelte (auch zeitvariable Netzentgelte genannt) eingeführt, um sogenanntes „netzdienliches Verhalten“ zu belohnen. Aber was heißt das für dich konkret? Stell dir vor, du kannst frei entscheiden, wann du mit deinem Auto ins Büro fährst. Fährst du morgens um acht, stehst du wahrscheinlich mit vielen anderen Pendlern im Stau. Verschiebst du die Fahrt um zwei Stunden, kannst du problemlos durchfahren. Genauso funktioniert es mit deinem Stromverbrauch: Wenn du zum Beispiel den Ladevorgang deines E-Autos in Zeiten verschiebst, in denen die Nachfrage niedrig ist, entlastest du das Stromnetz und kannst dabei auch sparen – ein klarer Vorteil für dich und die Umwelt. Bereits seit Januar 2025 sind Stromanbieter dazu verpflichtet, dynamische Tarife anzubieten, bei denen sich der Strompreis stündlich ändert. Die Einführung variabler Netzentgelte im April 2025 ist der nächste Schritt, um Verbraucher zu motivieren, ihren Stromverbrauch in günstigere Zeiten zu verlagern.
Das Problem: Grüner Strom wird nicht dann erzeugt, wenn unsere elektrischen Verbraucher ihn benötigen. Wir können nicht beeinflussen, wann die Sonne scheint oder der Wind weht – erneuerbare Energien sind wetterabhängig und manchmal schwer vorhersehbar. Daher ist es wichtig, den Stromverbrauch flexibel an die Verfügbarkeit anzupassen. Hier kommen variable Netzentgelte ins Spiel, die durch Preisanreize dabei helfen, dieses Ungleichgewicht auszugleichen.
Am Beispiel der Preistabelle der EWE Netze zeigt, wie groß das Einsparpotenzial sein kann. Der Unterschied zwischen dem Hochlasttarif (8,59 ct/kWh) und dem Niedriglasttarif (0,49 ct/kWh) ist enorm. Ein intelligentes Energiemanagementsystem kann dieses Potenzial vollständig ausschöpfen.
Was bedeutet das für deinen Geldbeutel? Drei konkrete Beispiele für einen Ladevorgang von 30 kWh:
- Fixer Stromtarif + fixes Netzentgelt (17:00–21:00):
- Stromkosten: 25,20 ct/kWh inkl. Steuern und Gebühren + Netzentgelt: 9,80 ct/kWh = 35 ct/kWh
- Gesamtkosten: 35 ct/kWh * 30 kWh = 10,50 €
- Dynamischer Stromtarif + variables Netzentgelt EWE Netz (01:00–04:00, basierend auf „Day-Ahead“-Preisen vom 01.04.2024):
- Stromkosten: 4.9 ct/kWh + 7,03 ct/ kWh Steuern und Gebühren + Netzentgelt: 0,49 ct/kWh = 12,42 ct/kWh
- Gesamtkosten: 12,42 ct/kWh * 30 kWh = 3,73 €

Dieses Beispiel zeigt, wie dynamische Tarife und variable Netzentgelte nicht nur helfen können, das Stromnetz zu stabilisieren, sondern auch erhebliche Einsparungen ermöglichen. So wird dein Energieverbrauch effizienter – für dich und die Umwelt!
💡 Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit ich von variablen Netzentgelten profitieren kann?
Dein Stromverbrauch muss in viertelstündlichen Intervallen gemessen werden können. Dies ist möglich mit einem Smart Meter (digitalen Stromzähler) oder einem intelligenten Messsystem (IMSys).
Zusätzlich brauchst du mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung, die mit einer Nennleistung von mindestens 4,2 kW betrieben werden kann. Beispiele dafür sind eine Wärmepumpe, eine Wallbox für dein E-Auto oder ein entsprechend großer Batteriespeicher. Die Teilnahme wird dir zusätzlich erleichtert mit einem optionalen Energiemanager wie RAZO Energy, der deinen Verbrauch automatisch in die günstigsten Zeiten verlagert und noch viel mehr. Mit diesen Voraussetzungen kannst du nicht nur deine Energiekosten senken, sondern gleichzeitig das Stromnetz entlasten und einen Beitrag zur effizienteren Nutzung erneuerbarer Energien leisten.
💡 Wie beantrage ich variable Netzentgelte?
Die Beantragung erfolgt direkt bei deinem Netzbetreiber. Dieser stellt dir in der Regel ein digitales Formular oder ein PDF-Dokument zur Verfügung. Im Rahmen der Registrierung werden deine individuellen Verbrauchswerte sowie die technischen Details deiner Anlagen erfasst. Nach erfolgreicher Registrierung werden die neuen Netzentgelte automatisch von deinem Energieversorger berücksichtigt – eine weitere Aktion deinerseits ist nicht erforderlich.
Voraussetzungen variable Netzentgelte Checkliste
- Mind. eine steuerbare Verbrauchseinrichtung wie Wärmepumpe, Wallbox für dein E-Auto oder Batteriespeicher mit einer Nennleistung ab 4,2 kW.
- Smart Meter oder intelligentes Messsystem (IMSys)
- Optional - Home Energiemanagementsystem
Wählbare Netzentgelt Module
- Modul 1 - Pauschale Reduzierung
- Modul 2 - Prozentuale Reduzierung
- Modul 3 - Zeitvariable Netzentgelte 🤘
Welcher Netzbetreiber ist bei mir zuständig?
Auf der Seite der Bundesnetzagentur kannst du im Marktstammdatenregister einfach herausfinden, wer dein zuständiger Netzbetreiber ist.
Klicke in der Navigation auf "Marktakteure" und filtere nach deiner Postleitzahl. In der Spalte “MaStR-Nr.” beginnt dein Netzbetreiber mit SNB.... SNB steht für Stromnetzbetreiber und GNB für Gasnetzbetreiber.
Alle Netzbetreiber findest du hier: Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur

Alternativ kannst du dir über die interaktive Karte des Energieatlas deinen Wohnort heraussuchen. Gib dazu in Google Folgendes ein: Energieatlas + dein Bundesland
